Unsere schlechten Gewohnheiten

Unsere schlechten Gewohnheiten

Shoppen, Plastikverpackungen, Zucker, Flugzeugreisen, Fleisch, To-Go Verpackungen... Wir wissen dass diese Dinge nicht gut für die Umwelt sind. Warum fällt es uns trotzdem so schwer diese destruktiven Gewohnheiten aufzugeben? Vielleicht weil sie Teil unserer „Kultur“ sind?

»Unsere Zivilisation verfügt über viele Betäubungsmittel, die den Leuten helfen, sich ihres Alleinseins nicht bewußt zu werden: Da ist vor allem die strenge Routine der bürokratischen, mechanischen Arbeit, die verhindern hilft, daß sich die Menschen ihres tiefsten Bedürfnisses, des Verlangens nach Transzendenz und Einheit, bewußt werden. Da die Arbeitsroutine hierzu nicht ausreicht, überwindet der Mensch seine unbewußte Verzweiflung durch die Routine des Vergnügens, durch den passiven Konsum von Tönen und Bildern, wie sie ihm die Vergnügungsindustrie bietet; außerdem durch die Befriedigung, ständig neue Dinge zu kaufen und diese bald wieder gegen andere auszuwechseln. «
Erich Fromm (1)

Die menschliche Spezies ist sehr anpassungsfähig und wird als generalistische Spezies bezeichnet, solche Spezies können in einer Vielzahl von unterschiedlichen Bedingungen überleben. Aber wir müssen, wie alle Lebewesen, unsere Grundbedürfnisse befriedigen um zu überleben. Laut dem Soziologen Manfred Max-Neef besteht unsere Lebensgrundlage in einem Zuhause, Nahrung und Wasser. Weitere Bedürfnisse sind Schutz, Zuneigung, Anerkennung, Partizipation, Bildung, Freizeit, Identität und Freiheit. Diese Bedürfnisse sind in jeder Gesellschaft gleich, was variiert sind die „Befriediger“, also womit und wie diese Bedürfnisse befriedigt werden. „Befriediger“ sind auch Repräsentanten verschiedener Kulturen, z.B. was wir essen, wie wir wohnen, was wir in unserer Freizeit machen, etc.

Ändern sich die „Befriediger“ in einer Gesellschaft, dann bedeutet das auch eine Veränderung der Kultur.

Angetrieben durch die Maschinerie des unendlichen Wirtschaftswachstums, hat seit den 1960er Jahren die „Konsumkultur“ global überhandgenommen. Ziel dieser ist es immer mehr Waren in den Umlauf zu bringen, um so der Wirtschaft zu Wachstum zu verhelfen. Allerdings sind wir dabei über das Ziel hinausgeschossen. Die Planetaren Grenzen sind ausgereizt, wir stehen vor globalen Problemen mit dem Klima, den Ressourcen und Abfallbergen.

In der „Konsumkultur“ sind Produkte zum Selbstzweck geworden. Unser Leben wird in den Dienst von Produkten gestellt und nicht in den Dienst von Leben. (2) Werbung, soziale Medien, Einkauszentren, all das ist entstanden um ausschließlich der Konsumkultur dienen. Was die Konsumkultur anstrebt, ist also nicht unsere Lebensgrundlage zu sichern und Schutz, Zuneigung, soziale Anerkennung, Bildung und Freiheit zu erfüllen, sondern Bedürfnisse durch Konsumobjekte zu befriedigen. Die Individuen verstehen dann zum Beispiel „Schutz“ als ein großes Auto oder Alarmsystem, anstatt vertrauensvolle Beziehungen zu Nachbar:innen aufzubauen.


Wir suchen „Anerkennung“ durch Objekte, anstatt durch tiefe und bedeutungsvolle Beziehungen mit geliebten Menschen.

Aber zur Erinnerung: Ändern sich die „Befriediger“ in einer Gesellschaft, dann ändert sich auch die Kultur. Wenn wir uns der künstlichen „Befriediger“ der Konsumkultur bewusst werden, dann können wir diese auch ändern. Anstatt homogene Medien zu konsumieren, können wir die Vielfalt von Kunst und Kultur genießen. Anstatt über soziale Medien zu kommunizieren und zu interagieren, können wir uns in unserer Nachbarschaft oder Gemeinschaft engagieren. Anstatt inszenierte Bilder zu posten, um uns in den sozialen Medien makellos zu präsentieren, können wir Kreativität und Erfüllung in unserer Arbeit finden oder in unseren Fähigkeiten aufblühen lassen. Anstatt unsere Freizeit in teuren Fitnessstudios oder auf weiten Reisen zu verbringen, können wir mehr Zeit in unserer unmittelbaren Natur verbringen. Anstatt am Wochenende zu versuchen dem Alltagsstress zu entkommen, können wir jeden Tag bewusst in unserem eigenen Rhythmus leben. Anstatt das Internet, die Verbindungsgeräte und unser Auto als ultimative Freiheit zu sehen, können wir die Freiheiten schätzen, die wir haben: Tatsächlich zu tun was wir wollen. (3)

1)  „Die Kunst des Liebens“, Erich Fromm

2) „Development and Human Needs“, M. Max-Neef, in „Real-Life Economics: Understanding Wealth Creation“, P. Ekins, M. Max-Neef,Routledge, London, 1992, p. 202

3) »Ohne das Ego ist Freiheit eine Illusion: es ist nicht tun, was ich will, aber wollen, was ich tue. «Raphaël Enthoven, Frederic Worms, ARTE Philosophie: „Freiheit “, 29.04.2010

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