HEAD, HEART, HANDS

Arbeit ist Arbeit und danach kommt Freizeit, oder warum fühlt sich das nicht zufriedenstellend an? Viele von uns fühlen sich leer und müde innerlich, haben mit depressiven Zuständen oder mit emotionalen Leiden zu kämpfen. Dem zugrunde liegend ist oftmals ein Gefühl der inneren Leere. Ein Gefühl von Bedeutungslosigkeit. Woher kommt dieses Gefühl?

Der Philosoph und Sozialpsychologe Erich Fromm, der Umweltwissenschaftler David W. Orr und der Biologe E. O. Wilson: Alle drei sind der Meinung die Deprivation des Menschen von der Natur, also unsere Entfremdung von allem Natürlichen sei der Grund für das Gefühl der Leere in uns.  (Lese mehr darüber hier) Vielleicht ist es mit regelmäßigen Aufenthalten oder einem Umzug in der Natur getan? Diese Idee hatte Thoureau bereits 1850 in seinem Buch «Walden». Hinaus in den Wald also. Für alle diejenigen, die sich dort nicht sehen, spinne ich den Gedanken noch etwas weiter, als der bloße Beschluss sich mehr in der Natur aufzuhalten.
Der chilenische Ökonom Neef hat ein Modell der menschlichen Grundbedürfnisse erstellt mit 10 Wertkategorien: Subsistenz (Luft, Wasser, Nahrung, Gesundheit), Schutz, Zuwendung, Verständnis (Verstehen, sich entwickeln), Partizipation, Muße (Entspannung, Spiel), Kreativität (Schöpfen, Erschaffen), Identität, Freiheit und das zehnte Grundbedürfnis: Transzendenz. Transzendenz ist das Übergehen zu etwas Höherem, nach dem Weltverständnis. Das zehnte Grundbedürfnis würde die weltweite Entstehung von Religion und Spiritualität erklären. Neef vermutete, dass die Grundbedürfnisse im Takt mit der Evolution des Menschen entstehen. Bedeutet dass Menschen wie auf einer Leiter der Bedürfnisse langsam nach oben schreiten. Wenn alle Bedürfnisse befriedigt sind, sind wir bereit für das höchste Bedürfnis: Das Verständnis über das höhere Wesen der Welt.
Die Forschungsergebnissen des World Happiness Report haben wiederum gezeigt, dass die Zufriedenheit der Menschen mit dem Befriedigen der Grundbedürfnisse steigt, nicht aber an Kapital oder materiellen Wohlstand gekoppelt ist. Die skandinavischen Länder beispielsweise investieren seit langem deshalb in soziale Systeme statt in wirtschaftliches Wachstum. Das Ergebnis: Die 4 glücklichsten Länder der Welt 2019 waren Finnland, Dänemark, Norwegen und Island.
Auf persönlicher Ebene können wir mehr in unsere eigenen Systeme investieren und die «Befriediger» unserer Grundbedürfnisse mal genauer unter die Lupe nehmen. Denn in vielen Fällen suchen wir uns Ersatzbefriediger, besonders für die Bedürfnisse Zuwendung, Verständnis, Partizipation, Muße, Kreativität und Identität. Werbung, soziale Medien und passiver Konsum stellen genau diese Ersatzbefriediger dar. Wir erfahren durch sie eine Art Zugehörigkeit, z.B. indem wir durch die Leben anderer scrollen, wir sehen uns zur Entspannung lustige Videos an oder vertiefen uns in einen Serienmarathon, wir posten ein Bild aus unserem Urlaub und empfinden das als schöpferische Tat, wir kreieren unsere eigene Identität durch die Marken die wir kaufen und finden aber den höheren Sinn darin nicht. Schlussendlich fangen wir an zu negativem Denken zu neigen, weil wir uns konstant vergleichen und messen an dem Erfolg und Aussehen der Anderen. Die Ersatzbefriediger sind die Ergebnisse des Neoliberalismus und den damit einhergehenden stark Wettbewerbsorientierten Denkmustern. Der Wettbewerb ist allerdings gar nicht in uns veranlagt und ständiges Vergleichen führt nicht zum Glück, das wussten bereits die Epikureer. Genauso wie industriell verarbeitete Lebensmittel nicht gut sind für unseren Körper, sind die industriell verarbeiteten Gedanken in Form von Medien und Produktwerbung nicht gut für unseren Geist.
Bei mir hat es einige Zeit gebraucht, bis ich gemerkt habe, wie viele negative Informationen mir durch soziale Medien, aber auch durch Nachrichten und Werbung vermittelt werden: Es geht meistens darum den Konsum zu steigern (von Produkten, Medien und Nachrichten). Wenn mir permanent eingeredet wird, ich sei nicht genug, so lange ich nicht dieses oder jenes besitze oder mache, dann neige ich auch dazu das genauso so zu sehen. Genauso verhält es sich mit der negativen Berichterstattung bei Nachrichten. Negative Nachrichten sind aufregender und werden daher mehr konsumiert, bedeutet wir bekommen größtenteils nur die schlechten Neuigkeiten mit, nicht aber die Guten. Wodurch wir dazu neigen ein eher negatives Weltbild zu entwickeln und dieses auch zu reproduzieren. Daher ist es ratsam den Konsum von Nachrichten, sozialen Medien und Werbung zu reduzieren. Zusätzlich kann durch einfache Meditationsübungen die eigne Intuition wieder aktiviert werden und dem eigenen Körper wieder besser zuhört, was zu mehr Einklang mit sich selbst und eben auch zu Glück führt.
Satish Kumar, der indisch-britische Umweltpädagoge und Autor beschreibt eine Verbindung zwischen Hirn, Herz und Händen. Diese Verbindung spüren wir jedesmal wenn wir etwas erschaffen (Kreativität oder Schöpfung ist eines von Max Manfred Neef genannten Grundbedürfnissen). Es muss nicht immer ein Kunstwerk sein. Schöpfung fängt im kleinen an: Wenn wir einen Samen in die Erde einpflanzen und danach die Pflanze wachsen sehen oder einen Teig kneten und im Nachhinein das Brot essen. Ich kenne kein größeres Glück als Teig zu kneten oder in der Erde zu wühlen. Und so führt uns diese kurze Gedankenreise wieder an den Anfang des Artikels: Wenn wir mehr Zeit mit der Natur verbringen, werden wir glücklicher. Dabei meint es mit der Natur, wie bereits Anfangs erwähnt, auch alles Natürliche, wie Lebensmittel zubereiten, etwas erbauen oder erschaffen, mit Freunden oder Familie zusammenkommen und in dieser Resonanz mehr wieder zu sich selbst zu finden. Was den Aspekt der Transzendenz angeht, so möchte ich das an dieser Stellen jeder*m selbst überlassen, woran Ihr glauben möchtet.

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